Percussion-Kammerkonzert beschert Musikfreunden Besucher-Rekord
Werne. Schlagwerke verfügen über unzählige Klangmöglichkeiten. Das erlebten fast 300 Zuhörer am Donnerstagabend (15. Februar) in der Marga-Spiegel-Schule. Die Rhythmusgruppe „BEAThoven“ übertrug die Schwingungen ihrer einfalls- und abwechslungsreichen Arrangements aufs Publikum.
Ein intimer Raum, ein kleines Ensemble, wohl modulierte Töne – so klingt die landläufige Vorstellung eines Kammerkonzerts. Die Musikfreunde Werne haben sich dieser klassischen Aufführungspraxis verschrieben – und scheuen sich gleichzeitig nicht, diese bisweilen aufzubrechen. Beim vergangenen Konzert schien dieser Bruch auf den ersten Blick besonders krass.
Die Percussion Group „BEAThoven“ hatten eine akustische Spielwiese aufgebaut: zwei Marimbaphone, ein Vibraphon, ein Xylophon, ein elektronisches Xylophon, ein Set lateinamerikanischer Perkussionsinstrumente wie Kongas und Bongos, Timbales und weitere Trommeln sowie Becken, Schlaghölzer und vieles mehr. Scheinwerfer inszenierten Lichteffekte. Eine Großleinwand neben der Bühne ermöglichte es, den Musikern aus der Vogelperspektive auf die Finger zu schauen. Also eher eine große Show als ein intimes Konzert. Und doch war es ein Kammerkonzert im Sinne von Instrumentalmusik in kleiner Besetzung.
Die bestand aus Christian Benning, Patrick Stapleton, Marcel Morikawa, Felix Kolb und Godwin Schmid. Und zu den Stücken, die sie aus München mitgebracht hatten, gehörte eine Kammermusik für Percussion: das Quartett „Third Construction“ des US-amerikanischen Komponisten John Cage (1912–1992). „Dieses Stück ist für uns wie eine Safari für Schlagwerk“, erklärte Benning. Ihre Tour lautmalten vier Musiker mit Klanghölzern, Muschelhorn, Blechbüchsen und vielem mehr. Es raschelte, prasselte, klirrte und rasselte. Dumpfe Trommelschläge ließen an das Trotten eines schwergewichtigen Tieres denken; aus Angklung-Klangkörpern wurden hohe Triller geschüttelt. Das Arrangement gipfelte in einer wilden Jagd.
Eine ähnliche klangliche Bandbreite erreichte das Quintett mit einem der einfachsten und ältesten Perkussionsinstrumente überhaupt: den eigenen Fingern und Händen. An einem langen Tisch vorn am Bühnenrand sitzend tappten, klopften und hämmerten die fünf auf die Platte. Im Piano streichelten sie die Tafel beim Notenumblättern, mit den Fäusten bummerten sie das Forte. Im Publikum herrschte Totenstille, damit niemandem ein Laut entging. Die innovative Komposition „Musique de Table“ stammte aus der Feder des zeitgenössischen belgischen Komponisten Thierre De Mey. Gegenseitig befeuerten sich Christian Benning und Marcel Morikawa bei Robert Marinos „8 on Three & 9 on Two“. Abschnittsweise erinnerte das Duett an die Choreografie eines Feuerwerks: Zunächst werden einzelne Höhepunkte gezündet, betont durch effektvolle Stille dazwischen; zum Ende hin entlädt sich die geballte Kraft des Spektakels.
Innovativ verband das Ensemble klassische Musik mit Instrumenten, die es zur Zeit von Mozart, Beethoven oder Ravel noch gar nicht gab. So wie es das Wortspiel ihres Namens versprach, das den taktschlagenden Begriff „Beat“ mit dem Namen von Beethoven kombiniert. Dessen Mondscheinsonate blühte nach einem zarten Intro auf dem elektrischen Xylophon ganz allmählich auf. Das Schlagzeug schaltete sich ein. Seine Rhythmen leiteten über zur modernen Interpretation, durch die die Eleganz von Beethovens Melodieführung stets durchschien. Schweißtreibende Virtuosität wechselte mit zärtlichem Streicheln der Marimba-Klangstäbe. Ebenso behutsam rhythmisierte „BEAThoven“ Ravels Orchesterstück „Alborada del gracioso“ und Rachmaninovs Prélude in g-Moll aus Op.23, Nr. 5.
Das Publikum ließ sich auf jedes der mitreißenden und faszinierenden Arrangements ein. Der Abend bescherte den Musikfreunden einen Besucherrekord. Hubertus Steiner, „unsere musikalische Spürnase“, wie die Vorsitzende Dr. Susanne Vedder-Laurenz augenzwinkernd sagte, hatte in weiser Voraussicht 250 Stühle aufstellen lassen. Und schleppte dann mit freiwilligen Helfern doch noch weitere heran. Der Applaus aus mehreren hundert Händen geriet dann so kräftig, dass Bennings Percussion Group gern noch zwei Zugaben drauflegte.
von Anke Schwarze, erschienen bei WernePlus