„Hinter jedem Liederpaar steht gelebte Geschichte, stehen unterschiedliche Sichtweisen“, erklärten die Singphoniker, die sich auch bei ihren Zwischenmoderationen in der Stimmverteilung abwechselten. Orff, so erfuhr das Publikum, soll die Comedian Harmonists sehr geschätzt haben. Beiden gemeinsam war, dass sie ihren Stil Ende der 1920er-Jahre prägten, jeder auf seine Weise den Zeitgeist bedienten – und sich nach 1933 mit einem System der Ausgrenzung konfrontiert sahen. Ob das finstere Land, in dem nie der Mond scheint, eine Orff’sche Anspielung auf das NS-Regime gewesen sein mag? Dissonanzen untermalten die düstere Stimmung, die ins Launige kippte, nachdem vier Singphoniker in die Rollen von Wanderburschen geschlüpft waren, die einen Mond finden. Agil wechselten die Sänger die Register, präzisierten mit weithin verständlicher Artikulation die szenischen Partien.

Das Stück illustrierte, was das Ensemble auf die Idee gebracht hatte, „Carl und Veronika“ in eine „Beziehungskiste“ zu stecken: Passagen, in denen die prägnanten Eckstimmen zum Tragen kommen, musikalisch ausgelebte Spottlust, vokale Extravaganzen. Vor diesem Hintergrund klang das folgende Lied der Comedian Harmonists erstaunlich traditionell. Möglicherweise war der still gehende gute Mond ein vokaler Knicks vor den volksliedfanatischen Nazis. Immerhin, in der Natur lässt sich Politik für eine Weile vergessen. In einer Strophe ihres unvergessenen Selbstläufers „Wochenend und Sonnenschein“ witzelte die Comedian Harmonists über die göttlichen Schöpfungstage – mit einem sakralisierten Schwung, der wiederum an Orff denken ließ.

Natürlich geht es bei einem Paar wie „Carl und Veronika“ auch deftig zu. Mit gebotener Unverblümtheit interpretierten die Singphoniker „Veronika, der Spargel wächst“, inklusive japsender Kickser und lustbetontem Jaulen. Orffs Liebeslied „Si puer“ agiert dagegen mit einer opernhafteren Attitüde, konterkariert durch den abrupten Schluss zu den Worten „felix coniunctio“, der „glücklichen Vereinigung“. In seiner Darstellung stand das Ensemble den temperamentvollen Gesangvorträgen nichts nach, markierte hieroglyphische Gesten („Bar zum Krokodil“), weinseliges Torkeln (Lied der drei Strolche), zu Gänseflügeln abgeknickte Arme („Maskenball im Gänsestall“). Und für eine der beiden Zugaben, die ein begeistertes Publikum heraus klatschte, ging Tenor Daniel Schreiber, der körperlich Überragende der Gruppe, in die Knie – als jodelnder Zwerg.